Der Aphorismus zwischen Wortspiel und Erkenntnis

Presseschau



Auch das Publikum setzt mit Aphorismen zum Gedankenflug an

WAZ, 26./27. Mai 2005
Buchvorstellung im Stadtmuseum mit vielen Geistesblitzen und Musik dauert länger als geplant - Trotzdem kommt keine Langeweile auf

Etwa 50 Besucher erlebten am Dienstagabend im Stadtmuseum ein Feuerwerk des Wortwitzes: Bei der Vorstellung des Buches zum Aphoristikertreffen setzten einige der damaligen Teilnehmer nochmals zum "Gedankenflug" an. "Aphoristiker haben ein Potenzproblem: Je kürzer, desto besser", sagt VHS-Chef Jürgen Wilbert unter Gelächter. Für die Buchpräsentation gilt das Gegenteil: Obwohl die Mischung aus Lesung, Konzert und Bilderschau fast eine Stunde länger dauert als ursprünglich geplant, kommt keine Langeweile auf. Was ist nun eigentlich Aphorismus? "Ein Aphorismus definiert sich, indem er da ist", erklärt Aphorismusforscher Friedmann Spicker. So einfach ist das. Doch das Publikum hört nicht nur knapp formulierte Geistesblitze von Größen wie Shakespeare, Wilhelm Busch und Georg Christoph Lichtenberg sowie den Teilnehmern des Aphoristikertreffens im November vergangenen Jahres. Mitmachen ist ebenfalls angesagt.
So führen Schüler aus dem Literaturkurs der Stufe Zwölf des Gymnasiums Holthausen den Besuchern vor, wie sie bei einem Aphorismus-Workshop im Oktober zu Meistern des Wortwitzes wurden. Erste Übung: Zur vorgegebenen Zeile "Wer nicht Stein des Anstoßes sein will" die Pointe ergänzen. Das Publikum ruft "der wird verworfen", "muss sich in die Straße pflastern lassen" und vieles mehr. Für Fortgeschrittene funktioniert diese Übung auch umgekehrt.
Wilbert gibt dem Publikum die Stichworte Gedanken, fliegen und kommen mit auf den Weg in die Pause - mit der Aufgabe daraus Aphorismen zu basteln. Ergebnisse wie "Er ließ die Gedanken fliegen - sie holte die Klatsche" oder "Die Gedanken waren froh, aus diesem Kopf herausfliegen zu dürfen" ernteten tosenden Applaus und erden beim Quiz mit Talern belohnt.
Damit's angesichts der vielen Gedankenflüge keine rauchenden Köpfe gibt, sorgt zwischendurch das Duo Harry Hirsch mit Südstaaten-Blues für Abwechslung. Spontanität beweisen die beiden Musiker, als Aphoristiker und Kabarettistin Amseln Vogt sie für eine "Weltpremiere" verpflichtet: Improvisierter Gesang zum "Blues in D". JMG

"Endlich spruchreif..."

Top-Aktuell, 22. Mai 2005
Buchpräsentation "Gedankenflug" mit Musik, Lesung und mehr

Zuerst war das Wort? Oder das Bild? ...Sie erinnern sich an das 1. Aphoristikertreffen in Hattingen? Mit bundesweiter und sogar internationaler Beteiligung treffen sich im November 2004 die Anhänger/innen der wortgewaltigen, scharfzüngigen Sinnsprüche.
Sie hörten wissenschaftlichen Vorträgen zu, diskutierten u.a. über Begriffsbestimmungen des Aphorismus, die Bedeutung von Frauen innerhalb dieser Literarischen Gattung, schrieben selber wieder neue Sentenzen und betrachteten interessiert die Illustrationen zu dem einen oder anderen Aphorismus, die im Museum ausgestellt waren.
Das Buch zur Tagung, der "Gedankenflug", verbindet all die unterschiedlichen Disziplinen, die sich dort trafen - den Aphorismus, die Literaturwissenschaft und die Kunst der Karikatur / Illustration. Denn das prägnante Wort trifft das illustrierte Bild, der lange Vortrag den kurzen Aphorismus.
Im "Gedankenflug" sind sie alle dabei: die bitterböse Karikatur, der blitzschnelle Spruch, der erhellende Text.
Und - eine Buchpräsentation muss nicht langweilig sein, wenn sich spannende Musik mit kurzweiligen Lesebeiträgen und interessierte Zuhörern, ja Mitdenkern verbinden. Genau das wird es geben! Lassen Sie sich überraschen am Dienstag, dem 24. Mai um 19.30 Uhr im Stadtmuseum Hattingen. Eintritt frei.

Buchpräsentation "Gedankenflug"

Pressemitteilung hattingen.de, 18. Mai 2005
mit Live-Musik, Leseaktion und Bilderschau
Das Buch zum 1. Aphoristikertreffen in Hattingen (im November 2004) ist soeben erschienen. Es bietet ausgewählte Aphorismen, Illustrationen/Karikaturen und Fachbeiträge. Insofern ist die Publikation wesentlich mehr als eine Dokumentation der Tagung, denn sie weist eine besondere Mischung auf: der blitzgescheite Spruch, die bitterböse Karikatur und den erhellenden Text.
Und - eine Buchpräsentation muss nicht langweilig sein, wenn sich lebendige Musik und kurzweilige Lesebeiträge mit anregenden Bilderfolgen und interessierten Zuhörern, ja Mitdenkern verbinden - also lassen Sie sich überraschen.
Die Veranstalter danken der Sparkasse Hattingen für die Förderung dieses Buchprojekts.
Diese Veranstaltung findet am Dienstag, 24.05.2005, 19:30 Uhr im Stadtmuseum Hattingen, Marktplatz 1-3 in Hattingen-Blankenstein, statt. Der Eintritt ist frei. Stadtmuseum und Volkshochschule der Stadt Hattingen laden herzlich ein.
Das Musikprogramm mit "Harry Hirsch" (Harald Goldhahn voc. guit. & Tom Derksen sax.) wird ab 21:00 Uhr im Café Satz mit einer Blues-Jazz-Folk-Session fortgesetzt.

Wenn Buch und Kopf zusammenstoßen

WAZ, 09. April 2005
Beim Thema Aphorismus ist das letzte Wort noch nicht gesprochen in Hattingen. Auf den bundesweit ersten Kongress im letzten Jahr soll nicht nur 2006 ein weiterer folgen. Im Mai erscheint ein Buch, das den Prozess dokumentiert, aber nicht nur das. Und bis zum nächsten Treffen wieder im November soll auch das Hattinger Aphorismus-Archiv fertig sein.
Das ist zumindest Zielvorstellung von Petra Kamburg, Leiterin des Stadtmuseums, und VHS-Chef Dr. Jürgen Wilbert. Die beiden setzen zum "Gedankenflug" an, so der Titel des Buches, das von Anfang an geplant war. Die Archiv-Idee kam nicht von den Veranstaltern. Sie wurde im Kreis der Teilnehmer geboren, die teils Tausende von Werken besitzen und sie in Hattingen unter dem Dach des Museums vereint sehen möchten.
Das Buch, das die Sparkasse so gut wie komplett gesponsert hat, setzt auf einen Dreiklang von Text, Illustration und Aphorismus. Seine Mischung bezeichnen die beiden Herausgeber als ungewöhnlich. Sie vereint Theorie und Praxis, sei eine seltene Kombination. Die Regel seien wissenschaftliche Abhandlungen über das Thema oder schöne Literatur.
Das Hattinger Werk enthält auch eine Reihe von Grafiken. Nicht nur die, die beim Wettbewerb das Rennen gemacht hatten, sind enthalten, sondern auch viele andere.
Jeder kennt den Streit, wer zuerst da war, das Ei oder die Henne. Kamburg und Wilbert verlegen ihn auf die sprachlich-bildliche Ebene. Für erstere, die auf Illustrationswettbewerb und Karikaturenausstellung eingeht, war am Anfang das Bild. Für Letzteren, der selbst Bände mit knappen Geistesblitzen verfasst hat und gern zu "Wortlesen" lädt, war es das Wort. Er schildert die Vorgeschichte des Aphoristikertreffens.
Der Leser des Buches, das im Essener Klartext-Verlag erscheint und 14,90 Euro koste, erfährt, was ein Aphorismus überhaupt ist. Beiträge setzen sich mit dem männlichen Zweig in der Literatur auseinander, stellen fest, dass es sie doch gibt, die Aphorismen von Frauen, bieten Wissenswertes über Metrik, ein Computerprogramm zur Bewertung von Aphorismen, kommen in Anmerkungen zu einem Kernmotiv in den Aphorismen von Stanislaw Jerzy Lec zu der Feststellung: "Wir sind alle Menschenfresser". Die Liste der Autorinnen und Autoren ist ebenso enthalten wie Teilnehmer, interessante Internetadressen und Gästebuch. Auch die Jugend kommt zu Wort. Protokolliert ist ein Schüler-Workshop zum Aphorismus des Gymnasiums Holthausen. Motto: "Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen." uli

Unfrisierte Gedanken

Stadtspiegel, 10. November 2004
Im Rahmen des ersten bundesweiten Aphoristikertreffens wurde im Stadtmuseum die Ausstellung "Unfrisierte Gedanken", Karikaturen von Zgymunt Januszewski, präsentiert. Eröffnet wurde die Ausstellung von Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch. Neben der Ausstellung, die noch bis zum 21. November zu sehen sein wird, gab es in den letzten Tagen zahlreiche Veranstaltungen rund um die kurzen Sinnsprüche. Zum Ausklang der Tagung gab es im Stadtmuseum einen großen Abend der kleinen Gattung mit Musik, Kabarett, einem spanischen Büffett und aphoristischen Zugaben. Die Veranstalter des ersten bundesweiten Aphoristikertreffen jedenfalls waren sehr zufrieden.    Foto: Lutterkort

Aphoristiker wollen alle wieder kommen

WAZ, 7. November 2004
Internationales Treffen voller Erfolg Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Nach drei Tagen ging am Samstagabend das erste bundesweite Aphoristikertreffen zu Ende. Gelöst trafen sich die Teilnehmer zur Abschlussveranstaltung im Stadtmuseum in Blankenstein.
Alle Veranstaltungen waren ausverkauft. Hattingen hat sich einen Ruf in Aphoristiker-Kreisen und darüber hinaus erworben. "Die Bedeutung kann man noch gar nicht absehen", sagen die Organisatoren. In der Tat: Die Aphoristiker hatten an den drei Tagen nicht nur Interesse an Sprachakrobatik. Zwischen den Diskussionen und Vorträgen standen auch Stadtführungen auf dem Programm. "Wir sind gefragt worden, ob Hattingen Kulturstadt ist. Die Aphoristiker waren begeistert von Hattingen", sagen Petra Leggewie und Vera Seidel vom Organisator VHS.
Auf die Frage, was er vom Treffen mitnehme, hat der Kölner Aphoristiker Prof. Dr. Gerhard Uhlenbruck drei Antworten parat: "Einen Haufen Bücher, persönliche Kontakte und literarische Raumorientierung." Die Aphoristik hält der Medizinprofessor für ein interessantes Gebiet, das immer noch in Bewegung ist. "Die Kürze passt in den Zeitgeist." Werbesprüche sind übrigens eine der wenigen Möglichkeiten, mit Aphorismen Geld zu verdienen. Einmal sogar 1500 DM, sagt Uhlenbruck.
"Es wurde viel gelacht", freut sich der Hattinger Rolf Potthoff. Das war auch am letzten Abend so: Beim spanischen Buffet ließen die Teilnehmer die Tage Revue passieren. Jeder, der wollte, durfte noch etwas vortragen. Dazu spielte die Band "Celi y Grupo". Letztes Highlight war der Auftritt des Kabarettisten Christof Stählin, der mit seinem Programm "Fallobst des Geistes" eine weitere Seite der Aphoristik zwischen Exzentrik und Genialität vorstellte.
Eine Wiederholung des Treffens wurde von allen Seiten gewünscht. So homogen sind die Aphoristiker selten. "Denn normalerweise sind wir uns nie einig", ist zu hören. ap - Foto: Poll

Geistesblitze aus dem Gästebuch

WAZ, 8. November 2004
"Das erste Aphoristikertreffen ist die erste ernstzunehmende Veranstaltung seit dem ersten Theodor-W.-Adorno-Ähnlichkeitswettbewerb.
Und: Hattingen ist schöner!"
Wendelin Haverkamp, Aachen

"Strom und Gegenstrom - Einmal im Jahr dreht in Kambodscha ein Strom seine Fließrichtung um. Künftig auch einmal im Jahr in Hattingen?"
Peter Holl, Ingelheim

"Wenn ich aus meinem Kokon krieche, setze ich mich auf einen Maulbeerbaum und spinne - poetische Seide."
Barbara Hoth-Blattmann, Sprockhövel

"Der Aphorismus ist die Kurzgeschichte des 21. Jahrhunderts."
Werner Schlegel, Gelsenkirchen

"Es ist schwer zu schweigen, wenn Gedanken rebellieren."
Edith Linvers, Recklinghausen

Aphoristiker: Einfach losschreiben, auch auf Klopapier

WAZ, 6. November 2004
Geistreiche Gedanken wollen sofort festgehalten werden - Experten in der Gesamtschule
"Die Liebe ist das stärkste auf sich bezogene Gefühl." Diese und andere Aphorismen haben gestern 33 Oberstufenschüler der Gesamtschule Welper kennen gelernt.
Im Rahmen des Aphoristikertreffens brachten Rolf Stolz und Jacques Wirion den Schülern der Jahrgangsstufe 11 die Welt der Aphorismen näher.
"Ein Aphorismus ist ein geistreicher Gedanke, ein Funke, der Feuer macht", erklärt Rolf Stolz. Damit so ein Funke nicht verloren geht, hat Jacques Wirion immer etwas zum Schreiben dabei.
Einige der vorgestellten Aphorismen lösten bei den Schülern Schmunzeln aus, wie auch jener Geistesblitz aus dem 18. Jahrhundert von Georg Christoph Lichtenberg: "Wie geht es? Fragt der Blinde den Lahmen. Wie sie sehen, antwortet der Lahme."
Ob man mit Aphorismen Geld verdienen kann und wie die beiden Autoren dazu gekommen sind, interessierte die Schüler besonders. "Mögliche Einstiege in den Aphorismus bieten Redensarten oder Sprichwörter", sagt Wirion. Und Stolz rät: "Einfach losschreiben, ruhig auch aufs Klopapier." Gesagt, getan, Claudia Horak (16) griff gleich zum Stift, um einen Geistesblitz zu kreieren. Dafür benutzte sie allerdings kein Klopapier, sondern ihr Schulheft. Cg

Sprache ins Bewusstsein rücken

WAZ, 6. November 2004
Sie wollen nicht belehren, obwohl sie sich den Anspruch gesetzt haben, die Sprache nicht weiter verkommen zu lassen. Die Aphoristiker eröffneten ihr erstes bundesweites Treffen am Donnerstag im Stadtmuseum. Für drei Tage steht die Ruhrstadt Hattingen im Mittelpukt des Interesses internationaler Sprachakrobaten.
"Sprache zum Tanzen bringen ist etwas wunderbares", sagt der Stargast des Eröffnungsabends Wendelin Haverkamp. Damit hat er die Motivation der 36 Tagungsteilnehmer auf den Punkt gebracht. "Es lebe der Witz aus heiterem Himmel." Bevor der bekannte Aachener Kabarettist im Veranstaltungsraum des Stadtmuseums vor ausverkauftem Haus auf die Bühne darf, hat die Politprominenz das Wort. Die Idee, dass Hattingen und der EN-Kreis derart im Mittelpunkt stehen könnten, habe bei ihm Jagdinstinkt geweckt, sagt Landrat Arnim Brux. Auf das Prestigeprojekt ist er stolz. Dem schließt sich auch Neu-Bürgermeisterin Dagmar Goch an. Als Ex-Kulturdezernentin und Philologin ist sie vom Fach. "Die internationale Resonanz ist überwältigend", freut sich VHS-Chef und Organisator Dr. Jürgen Wilbert, selbst ein begeisterter Aphoristiker. Zusätzlich zu den deutschen Vertretern sind Aphoristiker aus ganz Europa angereist.
Worüber unterhalten sich eigentlich Aphoristen? "Nicht über Aphorismen", schmunzelt die Sprockhövelerin Barbara Hoth-Blattmann, muss aber zugeben, im Gespräch mit den Kollegen verstärkt Pointen setzen zu wollen.
Nicht nur mit Aphorismen arbeitet Wendelin Haverkamp. Der Sprachjongleur schafft es (trotzdem), das Publikum durch Wortwitz, Intellekt und Sprachgefühl auf seine Seite zu ziehen. Keine Frage: Sprache, das ist sein Ding. Nebenbei holt er zum Rundumschlag gegen Politik, Medien und Gesellschaft aus. Der Applaus von Kollegen und Gästen ist ihm sicher. Im Gespräch mit der WAZ / WR bedauert Haverkamp den Verfall der Sprache. Dabei diene Sprache doch dem Austausch der Generationen. Deshalb unterstützt er auch das Treffen. "Das ist eine gewitzte Art und Weise, Sprache ins Bewusstsein zu rücken." Überhaupt liebt er die "Provinz". Hier sei das Publikum in der Regel offener.
Den Hattingern bleibt die Mahnung, sensibler mit Sprache umzugehen. Falls in der Zeitung mal ein Fehler auftauchen sollte, hat Haverkamp einen Tipp parat: "Auch mal etwas Verständnis haben für die Journalisten." Danke! ap Schlussveranstaltung: "Der große Abend der kleinen Gattung" mit Christof Stählin, heute, 20 Uhr, im Stadtmuseum, Eintritt: 30 Euro inkl. Buffet

Wortakrobaten jonglieren mit ihren verbalen Künsten

WAZ, 4. November 2004
Premierenstimmung in Hattingen: Heute beginnen im Stadtmuseum Blankenstein die bundesweit ersten Aphoristikertage. Bis Samstag stehen Wortweisheiten wie "Aphorismen erklären, heißt Heuhaufen in Stecknadeln suchen" (Dr. Oliver Tietze) im Vordergrund einer Tagung der ganz besonderen Art.
Unter dem Motto "Wer an die Quelle gelangen will, muss gegen den Strom anschwimmen" haben die VHS unter der Leitung von Dr. Jürgen Wilbert, selbst ein Aphoristiker, und das Stadtmuseum zu diesem Treffen eingeladen. Pointen und verbaler Schlagabtausch sind garantiert, wenn 36 Wortakrobaten aus Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern über die zugespitzte Kurzprosa diskutieren. Der Gedanken- und Erfahrungsaustausch über aphoristische Texte steht dabei im Vordergrund.
Aber auch Literaturinteressierte, die sich ihr eigenes Bild von den Künsten der Aphoristiker machen wollen, kommen auf ihre Kosten. So lädt die Buchhandlung Napp am Freitag ab 19.30 Uhr zu einer aphoristischen Lesung mit Hans-Horst Skupy aus Passau und Arthur Feldmann aus Paris in ihre Räume an der St.-Georg-Straße 10 ein. Der Eintritt ist frei.
Zum Abschluss der Veranstaltung gibt es am Samstag im Stadtmuseum Kabarett mit Christof Stählin, Live-Musik der brasilianischen Band "Cell y Groupo" und ein spanisches Büfett. Karten gibt es für 30 Euro im Stadtmuseum. knw Stadtmuseum: Ausstellung "Unfrisierte Gedanken" - Karikaturen zu Aphorismen, 15-20 Uhr; heute, 19 Uhr (so gut wie ausverkauft): Kabarettistischer Abend mit Wendelin Haverkamp zur Eröffnung des Aphoristikertreffens.

Warum sich 36 Freunde der Ultrakurzprosa in Hattingen treffen

Aphoristiker kommen immer zu kurz

Welt am Sonntag, 31. Oktober 2004
Von Frank Lorentz

Mitten im Leben sind wir von Aphorismen umgeben. Nein, so geht das nicht. Viel zu platt, diese Rilke-Anspielung. Außerdem gereimt, ein Kardinalfehler. Die Poesie heilt zwar die Wunden, die der Verstand schlägt (Novalis), aber "du hast bei der besten Sache schon verloren, wenn du nicht kaltblütig bleibst" (Knigge). Also, ruhig Blut jetzt. Vor allem angesichts der bedrückenden Tatsache, daß der Wunsch, klug zu erscheinen, oft verhindert, es zu werden (La Rochefoucauld).
Die Nachricht ist, daß in der kommenden Woche von Donnerstag an erstmals ein bundesweites "Aphoristikertreffen" stattfindet. Ein Treffen also von Menschen, denen es gegeben ist, Weisheiten oder wenigstens Wahrheiten in kurze deutsche Sätze zu fassen. Austragungsort der dreitägigen Tagung ist Hattingen an der Ruhr, rund 60000 Einwohner, in kulturellen Dingen noch nicht sonderlich auffällig geworden. Gerade aber weil der Ort so klein ist, sei er wie geschaffen, Freunde der kleinsten literarischen Form endlich ein Forum zu bieten, sagt Jürgen Wilbert.
Vor vielen Jahren stolperte der Leiter der Hattinger Volkshochschule über folgende Meinung des 1994 gestorbenen Literatur-Nobelpreisträgers Elias Canetti: "Die großen Aphoristiker lesen sich so, als ob sie alle einander gut gekannt hätten." Aha! Na, dann sollten sich doch wenigstens die heutigen einmal kennenlernen, beschloß Wilbert, der selbst viele pointierte Sätze verfaßte ("Aphoristiker kommen immer zu kurz"). Der Aphorismen als "Stolpersteine für landläuftige Meinungen" begreift. Und als Qualitäts-Kriterien formuliert, daß es sich um pointierte, provokative Kurzprosa handeln muß, die keinem Kontext entnommen sein darf. Die nur geschrieben wurde mit dem Ziel, eine Sentenz zu sein. Und in der es sich zudem nicht reimen darf.
Unter anderem auf der Internet-Seite www.aphorismen-archiv.de suchte Wilbert Namen von lebenden Aphoristikern, sprich möglichen Tagungs-Interessenten. Denn die Koryphäen des Genres wie etwa Georg Christoph Lichtenberg (gestorben 1799) oder Stanislaw Lec (gestorben 1966) sind zwar weithin berühmt, aber eben auch tot.
36 Teilnehmer zählt nun die Veranstaltung, die nur abends, wenn Kleinkunst geboten wird, öffentlich ist. Das wirft ein Licht auf das Schattendasein der Ultrakurzprosa. Dabei müßte das Genre trendverdächtig sein in einer so komplex und schnellebig empfundenen Zeit, da das Bedürfnis nach leicht konsumierbaren, möglichst kurz gefaßten Anleitungen zu richtigen Leben groß ist. Andererseits ist der Aphorismus von der Werbeszene ja längst entdeckt. Sind doch viele Slogans (und sei es unfreiwillig) wahre Denkwürdigkeiten. Ich will so bleiben wie ich bin. Oder: Wohnst du noch oder lebst du schon? Oder: Nichts ist unmöglich.
Mitten im Leben sind wir also von tiefsinniger Werbung umgeben. Warum braucht man da noch ein Aphoristikertreffen?
"Weil die Menschen angewiesen sind auf geistreiche Weisheiten", sagt Jürgen Wilbert.
"Weil es das noch nicht gab", sagt Petra Kamburg, Leiterin des Hattinger Stadtmuseums, Hauptschauplatz des Treffens. Hier hängen seit vorgestern in einer Ausstellung (bis zum 21. November) Karikaturen zu Aphorismen unter anderem von Stanislaw Jerzy Lec, angefertigt von Zygmunt Januszewski. Und hier diskutieren zum Beispiel am kommenden Freitag die zwei führenden deutschen Forscher auf diesem entlegenen literarischen Gebiet, Professor Ulrich Joost (Lichtenberg-Gesellschaft Darmstadt) sowie Friedemann Spicker (Königswinter).
Marit Rullmann wiederum begründet die Notwendigkeit des Branchentreffens so: "Weil man mit Hilfe von Aphorismen gut über Gott und die Welt philosophieren kann. Weil es eine ebenso anspruchsvolle wie witzige Form des Philosophierens ist."
Die Gelsenkirchener Wissenschaftlerin, die unter anderem zwei Bücher über Philosophinnen veröffentlichte, spricht am Samstag zum Thema: "Der Aphorismus - der männliche Zweig in der Literatur?" Mich interessierte die Frage: Gibt es noch einen weißen Flecken in der sonst wesentlich besser erforschten Literaturwissenschaft?" Warum, fragt die Referentin, komme außer Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916) keine Aphoristikerin "in der offiziellen Literaturgeschichtsschreibung" vor? Ihre Antwort führt ohne Umwege ins Reich der Feminismus-Forschung. "Natürlich sind unter den Aphoristikern viele Frauen, sie tauchen nur in der Literaturgeschichte nicht auf." Auch in Hattingen nicht. Oder jedenfalls kaum. Nur sechs der 36 Teilnehmer sind weiblich.
Was das Treffen in Hattingen bewirken soll? "Die Aphoristiker tun auf ihre spezielle Weise nichts anderes als ich", sagt der Aachener Kabarettist Wendelin Haverkamp, der am Freitag ein laut Ankündigung "aphoristisches Programm" bietet. "Ich verspreche mir von den Begegnungen unkonventionelle Einblicke in die Arbeit anderer, die sich mit Sprache abgeben." Dies könne "angesichts von Heidenreichs Rezensionen, der Suche nach dem besten Buch im ZDF und der Reform der Schreibreform nur gut tun".
Davon abgesehen weiß niemand, ob (frei nach Nietzsche) dieses Ereignis von Bedeutung ist, bevor nicht 100 Jahre vergangen sind. Wobei Aphorismen natürlich stets von Bedeutung sind, denn in der Kürze liegt die Würze. Verflixt, schon wieder gereimt.

"Unfrisierte Gedanken" im Stadtmuseum

Stadtspiegel, 30. Oktober 2004
PressefotoKarikaturen-Ausstellung im Vorfeld des Aphoristikertreffens
Hattingen. Im Vorfeld des Aphoristikertreffens in Hattingen am 4. November gibt es jetzt die Karikaturen-Ausstellung "Unfrisierte Gedanken", die ab sofort und bis zum 21. November im Hattinger Stadtmuseum in Blankenstein zu bestaunen ist.
Gezeigt werden Werke des berühmten polnischen Karikaturisten Zygmunt Januszewski, der Aphorismen des ebenso bekannten Aphorismenschreibers Stanislaw Lec illustriert hat.
Petra Kamburg, Leiterin des Stadtmuseums und Dr. Jürgen Wilbert, Leiter des Amtes Weiterbildung und Kultur, stellten die Werke jetzt der Öffentlichkeit vor.
Januszewski, Professor an der Warschauer Universität für Grafik und Akademie der Künste, erhielt in diesem Jahr den hochdekorierten Gulbransson-Preis (benannt nach dem berühmten Simplicissimus-Zeichner). Seine Karikaturen finden sich in anerkannten polnischen aber auch deutschen Zeitungen wieder.
Seine Werke sind vorwiegend Tusche-Feder-Zeichnungen (selten auch in Farbe) und haben einen hohen Wiedererkennungswert. "Hat man die Werke von Januszewski einmal gesehen, erkennt man sie immer wieder", freut sich Petra Kamburg, dass der polnische Künstler seine Arbeiten im Vorfeld des Aphoristikertreffens zur Verfügung gestellt hat.
Januszewski begegnet den Absurditäten der Welt und des Lebens mit einem System aus Symbolen und Zeichen, die das Widersprüchliche, Gemeine und Unsinnige entlarven und gleichzeitig den Weg zur Selbsterkenntnis öffnet. Seine Federzeichnungen, Plakate und farbigen Blätter sind durch einen unverwechselbaren Strich und en festes Reservoir an Zeichen geprägt, die sich in verschiedensten Variationen immer wieder finden.
Pfeile, Räder, Fähnchen und seine typischen Physiognomien zeigen eine Welt, in der der Mensch zwar getrieben und manipuliert ist, aber auch die Möglichkeit hat, wie auf einer bekannten Zeichnung Januszewskis, seine "Flagge zu zeigen" und der Realität seine eigene Richtung zu geben.
Neben den Arbeiten von Januszewski werden die prämierten Karikaturen aus dem Illustrationswettbewerb, der im Rahmen des ersten bundesweiten Aphoristikertreffens in Hattingen durchgeführt wurde, präsentiert.
Zu den Preisträgern zählen auch zwei Hattinger. Den zweiten Platz belegte Iris Daub aus Niederwenigern die den Aphorismus von Dr. Jürgen Wilbert "Wer schwarzweiß denkt, dem graut vor Zwischentönen" ebengekonnt in Szene setzte, wie der Drittplatzierte Michael Görler aus Blankenstein, der ebenfalls einen Wilbert-Aphorismus (insgesamt wurden zehn der 125 Arbeiten von einer anerkannten Juri ausgezeichnet) wählte. Dieser lautet: "Von dem der den Kopf in den Sand steckt, kann man auch sagen, er geht den Dingen auf den Grund".
Die prämierten Arbeiten und die Januszewski-Karikaturen sind im Hattinger Stadtmuseum in Blankenstein zu sehen (...).
Tasse mit Symbolcharakter. Anlässlich des Aphoristkertreffens in Hattingen gibt es Kaffeetassen mit dem Logo der Veranstaltung. Für drei Euro sind diese Unikate zu erwerben (im Stadtmuseum, bei der vhs Hattingen und in der Buchhandlung Napp).
   Fotos: Jörg Wehling

Am Anfang war das Wort

WAZ 28. Oktober 2004
... dann kam das Bild: Stanislav Januszewski zeichnet Aphorismen von Lec
Von Cordula Baldauf
Tiefsinnige Sätze liegen in der Luft: Wenn am Donnerstag, 4. November, das Aphoristiker-Treffen startet, gibt's was zu hören. Vorab gibt's im Stadtmuseum aber schon was fürs Auge: Der Karikaturist Zygmunt Januszewski illustriert die kunstvollen Wortspiele seines polnischen Landsmannes Stanislav Jerzy Lec.
Ein Buch des bekannten Aphoristikers Lec (1909-1966) heißt "Unfrisierte Gedanken". Wie sich diese bildlich darstellen lassen, kann man ab kommenden Freitag im Stadtmuseum anschauen: Lecs Wortspiele hat Karikaturist Zygmunt Januszewski (49) mit Tusche und Feder gezeichnet. Was eine Zuspitzung der Zuspitzung ist: Gesichter starren dem Betrachter mit überdimensional großen Augen und Nasen entgegen, umgeben von Symbolen wie etwa Fahnen, die alle in verschiedene Richtungen wehen, große und kleine Würfel, Pfeile, die hierhin und dorthin zeigen. Unter den Werken stehen auf Zetteln Lecs Aphorismen.
"Sein Leben ist bunt. Er wechselt die Fahnen."
Januszewski verstehe sich als Unruhestifter, erklärt Museumsleiterin Petra Kamburg. "Er macht kritische Kunst." Seine Zeichnungen muten fast surreal an mit ihren ungewöhnlichen Proportionen und phantastischen Figuren - Menschenkörper etwa, aus denen Notenschlüssel wachsen.
"Es gab viele Trompeten, Fanfaren und Trommeln. Aber keinen Ton."
Den Kontakt zum Künstler stellte VHS-Leiter Dr. Jürgen Wilbert her. "Erst hatte ich die Idee, ein Aphoristikertreffen zu veranstalten. Dann kam mir der Gedanke, eine begleitende Ausstellung zu machen." Er habe sich hilfesuchend an das Deutsch-Polnische Institut in Darmstadt gewandt. Dort bekam er den Tipp: Januszewski. Zurzeit lehrt er an der Universität in Warschau Grafik, publiziert in deutschen, schweizerischen und österreichischen Tageszeitungen seine Karikaturen.
Parallel zu seinen Werken ist im Foyer des Stadtmuseums das Ergebnis des Aphoristiker-Illustrations-Wettbewerbs zu sehen: Künstler zeichneten die Sätze von Aphoristikern aus Hattingen und Umgebung.
Gewonnen hat die Düsseldorferin Sigrid Herffs. Platz zwei und drei belegen übrigens die Hattinger Iris Daub und Michael Görler. Die Siegerin wählte einen Aphorismus von VHS-Leiter Wilbert aus:
"Wer schwarz-weiß denkt, dem graut vor Zwischentönen."
Zu sehen ist ein erschrockenes rosafarbenes Gesicht in der unteren Bildhälfte, auf das dicke graue Lettern purzeln - vor schwarz-weißem Untergrund. "Grandiose Umsetzung", sagt der Aphoristiker Wilbert dazu. Einer seiner Sprüche wurde sogar noch einmal ausgesucht - vom Drittplatzierten Michael Görler.
"Von dem, der den Kopf in den Sand steckt, kann man auch sagen, er geht den Dingen auf den Grund."
Die Ausstellung "Unfrisierte Gedanken" wird Freitag, 29. Oktober, 19 Uhr, im Stadtmuseum eröffnet. Zu sehen sind die Werke bis 21. November.

Knappe Sprüche begleiten Leser bis zur Tagung

WAZ 27. Oktober 2004
Aphoristiker und ihre geistreichen Gedanken
Von 4. bis 6. November werden "Geistesblitz und Donnerwetter" Hattingen nur so überziehen. Nicht nur an zwei Kabarettabenden, für die die VHS noch Karten für Interessenten anbietet. 36 Aphoristiker aus mehreren Ländern geben sich im Stadtmuseum ein Stelldichein. Diskutieren, was überhaupt ein Aphorismus ist. Und nehmen die kleine Sprachgattung nach allen Regeln der Kunst auseinander. Den Stein ins Rollen gebracht hat VHS-Leiter Dr. Wilbert, der selbst mitmischt als einer von 36.
Frauen sind nicht gerade zahlreich vertreten. Eine ist Barbara Hoth-Blattmann. Lehrerin aus Sprockhövel. Sie und andere sollen vorgestellt werden. In Bild und Text, zumindest aber mit einem flotten Spruch aus eigener Feder. Ihre Aphorismen begleiten die Leser bis zur Tagung. (...)

Sie spinnt poetische Seide

WAZ 27. Oktober 2004
Barbara Hoth-Blattmann Barbara Hoth-Blattmann liebt Aphorismen - Liebe als ein Lieblingsthema
"Wenn ich aus meinem Kokon krieche, setze ich mich auf einen Maulbeerbaum und spinne - poetische Seide." Das ist ein Aphorismus von Barbara Hoth-Blattmann, die sprachlichen Stoff in Hülle und Fülle rascheln lassen wird.
Am 5. November macht die Sprockhövelerin Café Satz in Blankenstein zum Nähatelier: bei einer aphoristischen Cocktaillesung um 20 Uhr am Marktplatz. Ihre Einladungen hat sie liebevoll mit Stoffbändchen zusammengebunden. Neben dem Termin enthalten sie einige Kostproben. Etwa: "Ihre Zunge zerschnitt ihm das Herz. Nun leckt sie die Wunde." In der Karikatur dazu tropft dickes Blut auf die Zunge der Frau. Eine andere schiebt im Gehwägelchen eine dicke Schwarte mit Werken von A-Z. "Sie ist so alt, dass ihr Leben aus Zitaten besteht."
Die 63-jährige Lehrerin am Schulzentrum Holthausen findet die Idee, Aphoristiker von überall her nach Hattingen zu holen, "toll. Das gab es noch nirgends". Sie hat Mitte Oktober mit ihrem Literaturkurs Aphorismen behandelt. Erst haben die Schüler betreten gekuckt, konnten mit dem Begriff nichts anfangen. dann wurden sie sehr kreativ.
Die Deutschlehrerin hat viele Definitionen in Lexika nachgeschlagen. Richtig zugesagt hat ihr keine. Also hat sich die geborene Berlinerin, die in vielen deutschen Städten zur Schule und Uni gegangen ist und auch in Frankreich studiert hat, ihre eigene geschrieben. Für sie ist ein Aphorismus ein "kurzer Prosatext, der in sich einen Gegensatz zum üblicherweise Erwarteten auflädt und sich in einer desillusionierenden Wahrheit entlädt". Und natürlich hat die Mutter zweier erwachsener Söhne, die es liebt zu unterrichten, nicht aber dauernd gefragt zu werden, wann sie denn damit aufhört, einen Aphorismus auf den Aphorismus zur Hand: "Ein Aphorismus kostet mehr Einsicht in Einen selbst als in die Galle des Lesers."
Barbara Hoth-Blattmann schreibt "aus Freude am Wort, gegen die Verschlampung der Sprache und aus Liebe zu meinem Mann". Aphorismen sind für mich sie "ein ambivalenter, facettenreicher Balanceakt".
Die Liebe nimmt nicht nur in ihren Aphorismen, aus denen sie jetzt gern ein Buch machen möchte, breiten Raum ein. Sie ist ihr Herzensbedürfnis. Ein Gefühl, das sie für viele Menschen empfindet. "Ich liebe meine Schüler", sagt sie selbstverständlich. Sie selbst hat viel Liebe erfahren. Von wildfremden Menschen. In schwierigen Zeiten. Die will sie weitergeben. Dazu gehört auch die Liebe zu Aphorismen.   uli

Zeit wird kürzer bis zur Aphoristiker-Tagung für Geistreiches in Kürze

WAZ 16. Oktober 2004
Knappe Sprüche und ihre Verfasser verkürzen die Wartezeit bis zum November - Auftakt macht Erfinder des bundesweiten Treffens in Hattingen
Der Countdown läuft, die Zeit wird kürzer bis zum Termin für die Aphoristikertagung vom 7. bis 11. November (Anm. d. Web-Red. 4. - 6. November). Kein Grund für den Veranstalter, in Panik auszubrechen. Liegt doch gerade in der Kürze die Stärke der Literaturgattung. Wir verkürzen die Wartezeit.
"Ein treffender Aphorismus spießt die Wahrheit auf, ohne sie zu beschädigen", hat Carl Merz gesagt. Hier sollen regelmäßig diejenigen "aufgespießt" werden mit ihren Sprüchen, die während der ersten bundesweiten Tagung zu diesem Thema "Gegen den Strom" dichten.
Drei Tage lang sollen die Teilnehmer Gedanken und Erfahrungen austauschen über die kürzeste Form von Prosa. Zugleich soll für die meist vernachlässigte Literaturgattung geworben werden.
Das Treffen ist eingebettet in eine Reihe von Veranstaltungen wie Lesungen und Diskussionen. Eine Jury hat bereits, wie berichtet, die Preisträger eines Aphoristiker-Illustrationswettbewerbs ermittelt. Zwei stammen von Dr. Jürgen Wilbert: "In manchen Ländern sind selbst Handschellen ein Freiheitssymbol" und "Wer schwarz-weiss denkt dem graut vor Zwischentönen".
Den Verfasser braucht man in Hattingen nicht groß vorzustellen - als Leiter der VHS. Wer öfter mit ihm zu tun hat weiß längst, dass er die "Wortlese" pflegt, ihm zu allem ein flotter Spruch einfällt und seine eigenen dieser Kategorie Bändchen füllen. Und schließlich war er es, der den Stein ins Rollen gebracht hat für das Aphoristikertreffen. Damit soll, hofft er, eine kleine Stadt groß rauskommen.
Andere Wortschöpfer, die zu anrücken und auch ausrücken sollen und die Aphorismen unter Leute bringen, sollen bis zu dem Datum vorgestellt werden. Selbst der Anfahrtsplan zum Stadtmuseum kommt nicht ohne einen knapp formulierten Gedanken (von Franz Peter Künzel) aus: "Aphorismen führen den Leser nur ein Stück in eine besondere Richtung; die Weite des Weges muß er selbst zurücklegen."   uli

Wortakrobaten unter sich

StadtSpiegel 17. Oktober 2004
Im Stadtmuseum in Blankenstein treffen sich Anfang November die Deutschsprachigen Aphoristiker. Zum ersten Mal findet ein solches Literaturtreffen statt, und die internationale Resonanz auf diese Premiere ist vielversprechend. Die VHS Hattingen und das Stadtmuseum Hattingen veranstalten dieses einzigartige Treffen, das es so tatsächlich noch nicht gegeben hat. Es wendet sich an alle, die sich der Gattung der pointierten, schlagkräftigen Kurzprosa verschrieben habe. Gleich zwei erfahrene Großmeister der kabarettistischen Kleinkunst finden sich dazu in Hattingen - sie heißen Wendelin Haverkamp und Christoph Stählin. Die beiden Wortakrobaten bereichern mit ihrer unverwechselbaren, lockeren und zugleich anspruchsvollen Art des Vortrags und ihrer diebischen Freude am Sprachwitz die 1. bundesweiten Aphoristikertage im Hattinger Stadtmuseum. Am Donnerstag, den 4. November um 19.30 Uhr ist es soweit: Der bekannte Aachener Kabarettist Wendelin Haverkamp - Vater Westfale, Mutter Rheinländerin - lockt das Publikum mit einem literarisch-kabarettistischen Spezialprogramm in seine satirischen Fängen und eröffnet so das Aphoristikertreffen.
Diese Veranstaltung des gewitzten Wortakrobaten wendet sich auch an das Publikum.
Eintrittskarten gibt es im Vorverkauf in der vhs Hattingen, (...) und im Stadtmuseum, (...).
Das Unverwechselbare an Haverkamp ist, dass ihm die seltene Mischung gelingt, anspruchsvolles, ja bisweilen philosophisches Kabarett, das nie an Leichtigkeit verliert und dadurch höchsten Unterhaltungswert hat. Er ist ein scharfsinniger Beobachter des Zeitgeistes, der pointiert und packend Satire auf den Punkt bringt - genau wie ein gelungener Aphorismus. Eine ganz andere Art von Veranstaltung, Live-Musik - Feier - Kabarett und mehr, findet am Samstag, den 6. November um 20 Uhr statt: Mit dem großen Abend der kleinen Gattung finden Hattinger Aphoristikertage ihren gebührenden Abschluss. Die Band Celi y grupo spielt schwungvolle Rhythmen (Samba und Bosa Nova), ein spanisches Buffet sorgt für Gaumenschmaus und der Kabarettist und Liedermacher Christoph Stählin bereichert das Publikum mit seinem Programm "Fallobst des Geistes". Kurzweilig mit dem Blick für das Wesentliche im Großen und Kleinen liefert der Kabarettist Stählin seinem Publikum viele Möglichkeiten zum Schmunzeln und zum Lachen. Denn "je schärfer die Klinge, desto sanfter der Schnitt", meint der Wortjongleur.
Der Abend an dem sich auch die Aphoristiker/innen mit kurzen Auftritten dem Urteil des kritischen Publikums aussetzen, kostet 30 Euro (inkl. Buffet). Karten gibt's bei den Veranstaltern im Stadtmuseum und bei der vhs Hattingen.
Eine Woche vor Beginn der Hattinger Aphoristikertage wird am Freitag, 29. Oktober um 19 Uhr die Ausstellung der Karikaturen von Januszewski sowie der prämierten Illustration zu Aphorismen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Aphorismentreffen im Stadtmuseum eröffnet.
Januszewski ist ein international anerkannter Cartoonist und hat in diesem Jahr den renommierten Olaf Gulbransson-Preis erhalten.
Im Rahmen der Ausstellungseröffnung werden auch die Preise an die ersten drei Gewinner des Illustrationswettbewerbs verliehen.

Aphoristikertreffen: Viel Programm rund um die knappen Sinnsprüche

StadtSpiegel 9. Oktober 2004
Pressefoto Wendelin Haverkamp, Samba und mehr zum Aphoristikertreffen vom 4. bis 6. November in Hattingen

Hattingen. Das lässt sich ja gut an: Alle Teilnehmerplätze für das Aphoristikertreffen, das Volkshochschule und Stadtmuseum gemeinsam vom 4. bis 6. November unter dem Motto "... gegen den Strom" ausrichten sind vergeben.
"Wir haben 36 verbindliche Anmeldungen auch aus Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Polen und England und sogar noch jemanden auf der Warteliste", freut sich VHS-Leiter und Ideengeber Dr. Jürgen Wilbert sowie Petra Kamburg, Leiterin des Stadtmuseums. Sechs Frauen sind unter den Teilnehmern am Treffen, vom dem die Veranstalter nicht ohne Stolz sagen, ein solches habe es in ganz Europa noch nicht gegeben.
Zur Erinnerung: Aphorismen sind knappe, geistreiche und spitzfindige Formulierungen eines Gedankens, sind quertreibende Wahrheiten und Lebensweisheiten, die allzu gern gegen den Strom gerichtet sind. Daher auch der Titel des Treffens "... gegen den Strom" von einem der berühmtesten Aphoristiker überhaupt, Stanislaw J. Léc, der sagte: "Wer an die Quelle gelangen will, muss gegen den Strom schwimmen."
Warum ein solches Treffen der Liebhaber einer nach wie vor kleinen Gattung der Literatur (was sich nach dem Willen der Veranstalter und Teilnehmer danach unbedingt geändert haebn soll), bringt Dr. Jürgen Wilbert so auf den Punkt: "Die Idee, die Elias Canetti schon vor vielen Jahren ausgesprochen hat, daß sich nämlich die Aphoristiker so lesen, als ob sie alle einander gut gekannt hätten, soll endlich Realität werden. Aber wir wollen kein abgeschlossenes Clübchen sein, sondern wir wollen mit dem Publikum auch feiern, denn unser Treffen hat viele Facetten."
Daher gibt es neben etwa Lesungen in allen weiterführenden Schulen einige öffentliche Veranstaltungen, die durchaus vergnüglich zu werden versprechen. Vor allem unter dem Titel "Wortakrobaten treffen Publikum". Unter diesem Motto ist nämlich der Aachener Wortakrobat Wendelin Haverkamp am Donnerstag, 4. November, 19.30 Uhr, im Stadtmuseum mit einem Programm zu Gast, das er sich eigens für Hattingen und die Aphoristiker hat einfallen lassen. Eintritt zehn Euro, der Vorverkauf läuft - wie bei den anderen.
Oder am Freitag, 5. November, 20 Uhr, für jeweils vier Euro eine aphoristische Lesung durch Tagungsteilnehmer an drei verschiedenen Orten: dem Weinkontor Hattingen, Rathausplatz 4, mit einer "Wein-Lesung"; dem "Café Satz" im Stadtmuseum mit einer "Cocktail-Lesung", der Buchhandlung Napp, St.-Georg-Straße10.
Ein Höhepunkt wird die öffentliche Abschlußveranstaltung am Samstag, 6. November, 20 Uhr, mit dem beziehungsreichen Titel "Geistesblitz & Donnerwetter - Der große Abend der kleinen Gattung". Für 30 Euro gibt es im Stadtmuseum Samba und Bossa Nova mit "Celi y Grupo", ein spanisches Büffet nebst aphoristischen Zugaben sowie den Kabarettisten und Liedermacher Christof Stählin mit dem Programm "Fallobst des Geistes". Bereits ab 29. Oktober bis 21. November ist als Rahmen des Aphoristikertreffens die Ausstellung "Unfrisierte Gedanken" mit Karikaturen von Zygmunt Januszewski (einer der führenden Karikaturisten unserer Zeit, der soeben mit dem renommierten "Gulbrannson-Preis" ausgezeichnet wurde) zu sehen, der selbst vor Ort sein wird bei der Eröffnung um 19 Uhr im Stadtmuseum.
Gleichzeitig werden dort in Bildern umgesetzte Aphorismen von Teilnehmern des Treffens gezeigt. Erschaffen wurden die "Zeichnungen, Karikaturen oder Illustrationen zu ausgewählten Aphorismen" von zehn Preisträgern des gleichnamigen von den Veranstaltern ausgelobten Wettbewerbs. Die ersten drei Preisträger, die von einer hochkarätigen, unabhängigen Jury ausgewählt wurden, sind Sigrid Herffs aus Düsseldorf, die sich folgendes Aphorismus aus der Feder ausgerechnet von Veranstalter Dr. Jürgen Wilbert ausgesucht hat: "Wer schwarz-weiß denkt, dem graut es vor Zwischentönen." Die Zweitplazierte, die Hattingerin Iris Daub, setze um: "In manchen Ländern sind Handschellen ein Freiheitssymbol." Der bekannte Hattinger Künstler Michael Görler auf Platz drei hat ebenfalls einen Wilbert-Aphorismus umgesetzt: "Von dem, der den Kopf in de Sand steckt, kann man auch sagen, er geht der Sache auf den Grund."
Freuen würden sich Dr. Jürgen Wilbert und Petra Kamburg, die das Treffen durchaus im Sinne des Stadtmarketings sehen, wenn Hattingen drei Tage lang im Zeichen des Aphorismus stünde. So könnten Geschäftsleute ihre Schaufenster auf Anfrage mit Sinnsprüchen passend zu ihrem Gewerbe versehen lassen. Eine Buchhandlung macht bereits mit. rorö

Geistesblitz und Donnerwetter

WAZ, Redaktion Hattingen 30. September 2004
Spezialprogramm mit Kabarett und Liedern rund ums Aphoristikertreffen Ein geistreicher Gedanke, knapp formuliert. Ganz so einfach ist es nicht mit dem Aphorismus. Was das überhaupt ist und wie der Stand der Forschung ist: darüber werden sich Profis natürlich auslassen beim ersten bundesweiten Kongress.
Im Stadtmuseum, nicht im Elfenbeinturm. Denn die wortgewaltigen Damen (sechs) und Herren (30) wollen nicht nur im eigenen Saft selbst verzapfter Sätze und solcher von Kollegen schmore, die an der Ruhr gegen den Strom schwimmen wollen, sondern schwärmen auch aus zu Lesungen ins Café neben dem Museum, ins Weinkontor oder in die Buchhandlung Napp. VHS-Leiter Dr. Jürgen Wilbert, der das Treffen auf die Beine gestellt hat, freut sich, so viele Profis im kleinen Hattingen versammeln zu können. Ihm ist aber auch wichtig deutlich zu machen, dass sich nicht nur Insider treffen, sondern dass viele Veranstaltungen interessant sind für die Liebhaber von Aphorismen.
Als da wäre der Kabarettabend mit Wendelin Haverkamp. Der hat der Stadt ein literarisch-kabarettistisches Spezialprogramm geschneidert. Kabarett und mehr bietet ein "Großer Abend der kleinen Gattungen" mit Christof Stählin. Der Kabarettist und Liedermacher lässt im Stadtmuseum "Fallobst des Geistes" fallen, garniert mit Livemusik und spanischem Büffet. Damit verabschiedet sich die Tagung mit "Geistesblitz & Donnerwetter" nach drei Tagen am 6. November.
Vorher wird mit Germanistik-Studenten der Ruhr-Uni Bochum diskutiert, es gibt aphoristische Lesungen der Tagungsteilnehmer in Schulen. Ehe der Besuch aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, England und Polen Stadt und Landrat empfangen wird, hat sich Zygmunt Januszewski noch "Unfrisierte Gedanken" gemacht in Karikaturen. Die Eröffnung dieser Ausstellung, zu der der Künstler kommt, ist dem Aphoristikertreffen vorgeschaltet. Neben Januszewskis Karikaturen werden prämierte Arbeiten eines vorgeschalteten Illustrationswettbewerbs gezeigt, für die auch Dr. Wilbert Sprüche geliefert hat.
Bei der Tagung selbst lernen die Teilnehmer auch den Strukturwandel am Beispiel Hattingens und des Industriemuseums kennen, das sie besichtigen. Dort werden ihre und andere flotte Sprüche bewertet. Nicht vom Publikum, sondern durch Aphorismenmetrik, wobei ein Computer die Qualität misst. Uli

Ein total begehrter Bildungsreisender

Robert Gernhardt liest im Stadtmuseum - und die Stühle reichen kaum aus
"Ich habe diesen Raum noch nie so pickepacke voll gesehen", staunt Dr. Jürgen Wilbert, Leiter der Volkshochschule. Der Veranstaltungsraum des Stadtmuseums platzt Samstagabend aus allen Nähten. Kein Wunder: Der bekannte Dichter und Zeichner Robert Gernhardt ist für eine Lesung gekommen.
Als Einstimmung auf das Aphoristikertreffen im November steht die Lesung unter dem Titel "Ein Lichtenberg-Kaleidoskop". Die 105 bereitgestellten Stühle sind schnell besetzt, und immer noch stehen Leute vor der Tür. Es wird zusammengerückt, alle vorhandenen Stühle und Hocker werden noch in den Raum gequetscht, und am Ende muss niemand draußen bleiben.
"Er las immer Agamemnon statt angenommen, so sehr hatte er seinen Homer gelesen", stellt Gernhardt an den Anfang seiner Gedanken zu Lichtenberg und meint: "Man sollte dem Freud'schen Versprecher den Lichtenberg'schen Verleser zur Seite stellen." Vor der Pause liest Gernhardt seinen ersten eigenen Text, inspiriert durch Lichtenbergs "Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung". Lichtenberg habe häufig einen Blickwechsel vollzogen, und dies tut auch Gernhardt in seinem Gedicht von den Arbeitern, die den Dichtern nach der Lesung zum Dank etwas vorarbeiten.
Nach der Pause liest Gernhardt ausschließlich eigenes, so einige "K-Gedichte", die in der Zeit kurz vor dem Irak-Krieg entstanden sind, wie etwa das "Sonett vom Entsorgen eines Diktators".
Jeder, der ein Buch signieren lässt, bekommte eine Zeichnung passend zum Titel. Gernhardt: "Mir macht es Spaß, und den Leuten wohl auch."
Vor der Lesung hat der Dichter sich Hattingen angesehen. Er sei durch die Altstadt gelaufen, habe den schiefen Kirchturm gesehen und das Alte Rathaus mit dem neuen verwechselt, erzählt er. "Als ich die Anfrage bekam, stellte ich fest, dass ich zu dieser Zeit in Deutschland bin", so Robert Gernhardt. "Reisen bildet, dachte ich mir, und habe zugesagt." sar

Aphorismen: Preise für Grafik aus Hattingen

WAZ, Redaktion Hattingen 9. September 2004
Die Würfel sind gefallen. Gestern hat die Jury die Preisträger des Aphoristiker-Illustrationswettbewerbs ermittelt. Die Entscheidung trafen Friedemann Spicker, Aphorismenforscher und -spezialist, Anette Quast, Kunsthistorikerin und Vorsitzende des Hattinger Kunstvereins, und Hubertus Froning, der Leiter der Grafischen Sammlung des Essener Museum Folkwang. Das Trio einigte sich auf Entwürfe von Iris Daub, Michael Görler und Sigrid Herffs. Während die Erstplazierte aus Düsseldorf kommt, sind die beiden weiteren Preisträger Hattinger. Insgesamt beteiligten sich 21 Künstlerinnen und Künstler mit unterschiedlich vielen Entwürfen. Sie illustrierten Aphorismen. Die Preisträger werden im Rahmen der Ausstellung "Unfrisierte Gedanken" mit Karikaturen des bekannten Karikaturisten Zygmunt Januszewski, Professor an der Warschauer Uni, geehrt.

Worte für das, was uns täglich die Sprache verschlägt

WAZ, Redaktion Hattingen 27. Mai 2004
Fast 50 Liebhaber geistreicher knapper Gedanken trafen sich bei VHS-Veranstaltung über Aphorismen
Fast fünfzig Interessierte ließen sich im Café Satz von Jürgen Wilbert die Literaturgattung des Aphorismus näher bringen. Dabei hatte der VHS-Leiter, der auch eigene geistreiche, knapp formulierte Gedanken präsentierte, selbst mit einer so großen Resonanz nicht gerechnet.
"Das zeigt, dass die Gattung, die ja von vielen als besonders schwer zugänglich angesehen wird, vermittelt werden und sogar Spaß machen kann", freute sich Wilbert, "und das war ja schließlich mein Ziel". Die Veranstaltung wollte er als Einstimmung auf das erste bundesweite Aphoristikertreffen von 4. bis 7. November in Hattingen verstanden wissen.
Geboten wurde ein Überblick über die Geschichte der Kunstgattung, eine kurze Analyse der gängigen Stilmittel sowie eine von Wilbert zusammengestellte Auswahl an alten und neuen Meisterwerken. In den Pausen stellte der Düsseldorfer Gitarrist Thomas Battenstein einige selbstgeschriebene Lieder vor. Der Zuhörer wurde nicht dauerberieselt. "Die Aphoristiker ziehen sie in ihre Gedankengänge herein, herausfinden müssen sie aber selbst", erläuterte Wilbert das Konzept, das das Publikum zu eigenem Denken anregen sollte. So wurden der wissenschaftlichen Definition von Friedemann Spicker, der den Aphorismus als "kontextuell isolierte, konzise, bis auf Satz und Einzelwort verknappte literarische Prosaform, im Grundsatz nichtfiktional..." charakterisiert, eingängigere Beschreibungen zur Seite gestellt. Demnach ist die Kunstform je nach Lesart "der letzte Ring einer Gedankenkette", "ein Stolperstein für landläufige Meinungen", "die als Handkuss verkleidete Ohrfeige" oder "der Versuch, Worte zu finden für das, was uns täglich die Sprache verschlägt."
Die Literaturgattung, die ihren Ursprung im alten Griechenland habe, heutzutage aber meist etwas vernachlässigt werde, soll laut Wilbert in Hattingen ein neues Heim finden. So soll im August eine Ausstellung mit Bildern des Lyrikers Robert Gernhardt, der Aphorismen von Georg Christoph Lichtenberg illustriert hat, stattfinden, bevor im November das Highlight auf dem Programm steht, für das es 20 feste Zusagen gibt. jv

Treffen der Aphoristiker trägt internationale Züge

Stadtspiegel, 12. Mai 2004
Teilnehmer aus Deutschland, Polen, Schweiz und Österreich
Hattingen. "Internationale Züge", freut sich Organisator und VHS-Leiter Dr. Jürgen Wilbert, trage bereits das erste Aphoristikertreffen bundesweit. Rund 20 Anmeldungen für die Tagung vom 4. bis 7. November im mitveranstaltenden Stadtmuseum lägen bereits vor. Neben deutschen Aphoristikern hätten sich auch welche aus Polen, der Schweiz und Österreich angemeldet.
"Das ist eine außerordentliche Resonanz auf eine Veranstaltung, die erst im November stattfinden wird", glaubt Dr. Wilbert und fügt schmunzelnd an, was fast schon selber ein Aphorismus ist: "Immerhin sind Aphoristiker ja auch eher eine Minderheit und kommen daher ja immer gern zu kurz."
Zur Erinnerung: Aphorismen sind knappe, geistreiche und spitzfindige Formulierungen eines Gedankens, sind quertreibende Wahrheiten und Lebensweisheiten, die allzu gern gegen den Strom gerichtet sind. Daher auch der Titel des Treffens "...gegen den Strom" von einem der berühmtesten Aphoristiker überhaupt, Stanislaw J. Léc, der sagte: "Wer an die Quelle gelangen will, muss gegen den Strom schwimmen."
Neben dem Gedanken- und Erfahrungsaustausch untereinander werden die Aphoristiker auch an die Öffentlichkeit treten, etwa in Schulklassen oder vor Publikum eigene Aphorismen vortragen. Zum Auftakt wird es zudem einen Auftritt des allgemein bekannten Kabarettisten Wendelin Haverkamp geben, der als "anerkannter Wortakrobat" (Dr. Jürgen Wilbert) besonders auf Sprüche und Aphorismen eingehen wird.
Parallel zur eher "literarischen" Tagung ist im Stadtmuseum eine Ausstellung von Zeichnungen/Karikaturen/Illustrationen geplant. Hierzu wurden bereits von den eingereichten Aphorismen unterschiedlichsten Niveaus einige ausgewählt. Denn nicht jeder eignet sich zu einer zeichnerischen Umsetzung. Die Ausgewählten sollen unter Beibehaltung des Sprachwitzes künstlerisch zu Papier gebracht werden, höchstens drei Sinnsprüche pro Künstler. Zehn Interessenten haben sich bereits angemeldet, es dürfen aber durchaus noch mehr werden. Die Anmeldefrist läuft beim Stadtmuseum (...) noch bis Ende Juni.
Die künstlerische Umsetzung der Aphorismen wird von einer hochkarätigen dreiköpfigen Jury bewertet: Dr. Friedemann Spicker, ein viel geachteter Aphoristiker und Aphorismenforscher aus Königswinter, Dr. Hubertus Froning, Leiter der Graphik- Sammlung des Museum Folkwang in Essen, und Kunsthistorikerin Annette Quast, Vorsitzende des Kunstvereins Hattingen. Sie entscheiden, wer die Preise erhält. Der erste Preis von 500 Euro wurde gestiftet von der AVU, 300 Euro von der Volksbank und 200 Euro vom Förderverein der Volkshochschule Hattingen. Hinzu kommen fünf Gutscheine vom Autohaus Boesner.
Eine Woche vor Beginn des Aphoristikertreffens wird im Stadtmuseum eine Ausstellung eröffnet, in der 20 Arbeiten des polnischen Karikaturisten Zygmunt Januszewski zu sehnen sind, der in diesem Jahr den renommierten "Gulbransson-Preis" bekam, benannt nach dem Zeichner des Simplicissimus. Gezeigt werden hier auch die Preisträger des Wettbewerbs "Zeichnungen/Karikaturen/Illustrationen zu ausgewählten Aphorismen" und die Beiträge der Wettbewerbsteilnehmer.
Ansprechpartner für weitere Infos und Fragen zum Aphoristikertreffen ist VHS-Leiter Dr. Jürgen Wilbert, (...), der am Dienstag, 25. Mai, 19.30 Uhr, im neueröffneten "Café Satz" im Stadtmuseum unter dem Motto "Eine ganze Milchstraße von Einfällen" einen Streifzug durch die Welt der Aphorismen unternimmt. Musikalisch begleitet wird er dabei an der Gitarre von Thomas Battenstein. Eintritt: vier Euro.
rorö

Es ist einfacher zu leben als darüber nachzudenken

WAZ, 19. März 2004
"Wenn Frauen den Gürtel enger schnallen, dann nur der Taille zuliebe", sagt Germund Fitzthum. Dem Österreicher geht es weder um Sparbemühungen noch Frühlingsdiäten. Er hat Beiträge für das erste bundesweite Aphoristikertreffen in Hattingen geschickt - wie viele andere.
Aphorismen sind laut Duden "geistreich, knapp formulierte Gedanken", die eine Erfahrung oder Lebensweisheit vermitteln. "Die Säule des Herrn Litfaß brachte die Straßenreklame ins Rollen" gehört ebenfalls zu den "Capriolen aus spitzer Feder," die der Caféhaus-Literat an VHS-Leiter Dr. Jürgen Wilbert geschickt hat.
Wilbert selbst hat einen Stein ins Wasser geworfen, der immer mehr Kreise zieht. Seine ersten Aphorismen verfasste er als Student. Ein bundesweites Treffen wie jetzt "Gegen den Strom" von 4. bis 7. November in Hattingen fehlte dem Liebhaber dieser Gattung bisher immer im Angebot.
Jetzt findet es an der Ruhr statt. Die ersten verbindlichen Anmeldungen sind eingegangen, über zehn, dazu telefonische Zusagen. Und das, obwohl bisher nur 80 Einladungen verschickt und Fachzeitschriften noch nicht informiert wurden. "Eine tolle Sache. Auch Frauen sind dabei. Die Themen gehen querbeet", sagt Wilbert. "Es wird international." So liegt eine Zeichnung von Zygmunt Januszewski zu "unfrisierten Gedanken" von Stanislaw Jerzy Lec vor. Sie macht klar: Ein gordischer Knoten, in dem der eigene Kopf steckt, lässt sich auf die übliche Art nicht lösen. Auch aus der Schweiz gibt es Resonanz. Alexander Saheb hat seinen "Gedankenzoo" geöffnet: "Es ist einfacher zu leben als darüber nachzudenken."
Weitere Resonanz erhoffen sich VHS und Stadtmuseum als Veranstalter nicht nur von Aphoristikern, sondern auch für den Wettbewerb, bei dem es um Zeichnungen, Karikaturen und Illustrationen zu ausgewählten Aphorismen geht. Künstler sind aufgerufen, bis spätestens 30. Juni maximal drei Arbeiten einzureichen im Stadtmuseum Blankenstein, Marktplatz 1-3. Eine Auswahl von Aphorismen bekommen die Interessenten bis 15. Mai zugesandt. Die Werke werden parallel zur literarischen Tagung ausgestellt.
"Sudelblätter" von Robert Gernhardt sollen sich im Foyer der Gebläsehalle ausbreiten. Und die Stadtbücherei wird "Starke Sprüche" von Kindern und Jugendlichen in einem Workshop unter Leitung eines Aphoristikers sammeln. uli

In Hattingen treffen sich die "Geistesblitzler"

WAZ, 4. Februar 2004
Ein erstes bundesweites Treffen deutschsprachiger Aphoristiker findet vom 4. bis 7. November im Stadtmuseum Blankenstein statt.
Aphoristiker heißen die Verfasser knapp formulierter, geistreicher Gedanken. Kostprobe von VHS-Chef Dr. Jürgen Wilbert (selbst Betroffener), der das Treffen organisiert: "Von dem, der den Kopf in den Sand steckt, kann man auch sagen: Er geht den Dingen auf den Grund." Aphoristiker Elazar Benyoetz hat formuliert: "Ein guter Aphorismus ist von erschöpfender, ein schlechter von ermüdender Kürze."
Mit dem "Gedanken- und Erfahrungstausch über die kürzeste Form der Prosa" wollen die "Geistesblitzler" drei Tage in Hattingen verbringen. Begleitend soll es Lesungen und Diskussionen in Schulen, Büchereien und Buchhandlungen geben. Und natürlich jede Menge Sprüche wie: "Der treffende Aporismus setzt den getroffenen Aphoristiker voraus" (Alfred Polgar).

Mit spitzer Feder gegen Strom schwimmen

WAZ, 21. Oktober 2003
Hattingen lädt Querdenker zum ersten bundesweiten Aphoristikertreffen ein
Hattingen schwimmt "gegen den Strom". Nicht in, sondern an der Ruhr, mit "zu Bleistiftspitzen verwendeten Damaszenerdolchen". Humorvoll, satirisch-kritisch, kämpft es mit Worten gegen den Zeitgeist. Mitkämpfen sollen Querdenker bundesweit - beim ersten Aphoristikertreffen.
Das findet Anfang November nächsten Jahres statt und verfolgt mehrere Ziele: Bekannte und weniger bekannte Aphoristiker sollen sich austauschen. Durch die öffentliche Lesung sollen Aphorismen bekannter werden - und nicht zuletzt Hattingen als Veranstaltungsort. Eingeladen werden bekannte Namen, die die kürzeste Form der Literatur an einem kleinen, kulturell aktiven Ort vorstellen sollen, aber auch unbekannte Wortkünstler.
Von VHS-Leiter Dr. Wilbert, der selbst Bücher mit Aphorismen veröffentlicht hat, geht die Initiative für das Projekt aus, dessen Finanzierung in trockenen Tüchern ist. Es will auch unbekannte Aphoristiker locken, die bisher nur im stillen Kämmerchen aktiv waren.
Die Kulturstiftung NRW unterstützt das Projekt mit 6500 Euro. Beachtlich findet das Kulturdezernent Michael Lunemann in einer Zeit, in der "neben Leuchttürmen kaum noch etwas gefördert wird". Sparkasse und HWG sponsern das erste bundesweite Treffen deutschsprachiger Aphoristiker, weitere Finanzspritzen sind wilkommen.
Schließlich will auch das Begleitprogramm bezahlt sein. Das Stadtmuseum Blankenstein ist nicht nur Ort der Tagung mit höchstens 60 Teilnehmern (die Veranstalter wären auch mit 30 bis 40 zufrieden). Es veranstaltet einen Wettbewerb. Zeichnungen und Cartoons sollen Aphorismen bildlich festhalten. Die Stadtbücherei animiert Jugendliche zu "Starken Sprüchen" und ist zuversichtlich, dass die Schulen mitziehen werden, mit denen sie bei einem Medienprojekt zusammenarbeitet. Alle haben sie sich Aphoristiker Lec verschrieben: "Wer an die Quelle gelangen will, muss gegen den Strom schwimmen".
uli


Im kleinen Hattingen "gegen den Strom"

Bundesweite Veranstaltung hat hier Premiere
Das ist stark! Während sich die große Frankfurter Buchmesse mit dem Phänomen Dieter Bohlen und per Hand geschwärzten Buchexemplaren herumschlagen mußte, wird das kleine Hattingen im kommenden Jahr Austragungsort für die bundesweit erste Aphorismustagung mit dem Thema "gegen den Strom" werden. Ein Plus auch für den weichen Standortfaktor Kultur!
Drei Tage sollen deutschsprachige Vertreter der prägnanten, spitzfindigen und quertreibenden Gedanken in Hattingen zeigen, was das Thema zu bieten hat.
VHS, Stadtmuseum und Bücherei präsentieren schon jetzt erst Infos zur Veranstaltung, die für bundesweite Aufmerksamkeit sorgen soll und und Hattingen aus der Sicht von Stadtmarketing und Wirtschaft bekannter machen soll.
Das erste Aphoristikertreffen (bundesweit!) findet vom 4. bis 7. November 2004 in Hattingen im Stadtmuseum statt. Allein 6500 Euro für dieses witzige und bisher einmalige Projekt kommen von der Kunststiftung NRW. Auch die HWG und die Sparkasse wollen sich (ebenso wie die Stadt) finanziell beteiligt. Die gemeinsame Aktion der Hattinger Kultureinrichtungen stehen unter dem Motto "gegen den Strom".
Und der Name ist Programm, wie Mitautor Dr. Jürgen Wilbert von der VHS beschreibt. "Denn Aphorismen sind knappe, geistreiche und spitzfindige Formulierungen eines Gedankens, sind quertreibende Gedanken und Lebensweisheiten. Mithin Dinge, die nur allzu oft gegen den Strom gerichtet sind."
Das Motto der Veranstaltung, die über drei Tage gehen wird, richtete übrigens Stanislaw Jerzy Lec an:"Wer an die Quelle will, muß gegen den Strom schwimmen."
Aber es gibt auch noch viele andere Beispiele, die mit spitzer Feder Wahrheiten von sich geben. "Auch zum Zögern muß man sich entschließen" (ebenfalls von Lec) - trifft den Kern so mancher aktuellen Situation.
In diesem Zusammenhang fällt Dr. Jürgen Wilbert ein: "Aphoristiker können niemals Politiker werden. Sie fassen sich kurz." Ist übrigens nicht von Dr. Wilbert selbst, obwohl dieser auch zur spitzen Feder greift...
Zur Veranstaltung selbst: Sie beginnt am Donnerstag, 4. November 2004, um 18 Uhr mit einem Empfang im Stadtmuseum. Um 19 Uhr steht ein Vortrag mit einem bekannten Kabarettisten auf der Tagesordnung. Verhandlungen werden derzeit mit Dieter Hildebrandt geführt. Am Freitag wird es diverse Lesungen in weiterführenden Schulen geben, die alle mit im Boot sitzen. Mit dabei übrigens auch Germanistik-Studenten der Ruhr-Universität Bochum. Zugesagt haben ihre Teilnahme auch Prof. Dr. Ulrich Joost, Lichtenberg-Gesellschaft, Darmstadt und Friedemann Spicker aus Königswinter - zwei Sterne am Aphoristmenhimmel, die allzu oft die spitze Feder bemühen, um kurz und treffend das auf den Punkt zu bringen, worum es wirklich geht.
Am Abend soll es im Alten Rathaus einen Kleinkunst-Abend geben und der Samstag beginnt mit einer Stadtührung in Kooperation mit dem Verkehrsverein Hattingen. Michael Lunnemann, Beigeordneter und für Hattinger Kultur zuständig, freut sich: "Mit der Veranstaltung wollen wir den Bekanntheitsgrad unseres Städtchens entsprechend erweitern. Wir sehen diese Premiere auch unter dem Aspekt des Stadtmarketing und der moderen Wirtschaftsförderung, denn wir meinen, dieses Thema ist witzig und ungewöhnlich und eine kleine Stadt öffnet sich einem interessanten Raum."
Auch das Begleitprogramm kann sich sehen lassen. So soll in der Stadtbücherei eine Aktion für Kinder und Jugendliche unter dem Motto "Starke Sprüche" stattfinden und damit die unter den Kids stark verbreitete Neigung zum "Sprüche klopfen" aufgegriffen werden. Selbstverständlich werden die Ergebnisse im Rahmen der Tagung vorgestellt.
Außerdem will das Stadtmuseum von einigen Aphoristikern entsprechende Sprüche erbitten, die dann von jungen Zeichnern umgesetzt werden sollen und so eine Ausstellung begründen werden. So ganz nebenbei erfährt man auch, dass Aphoristiker überwiegend männlichen Geschlechts sind - womit natürlich niemand die vielzitierte Schwatzhaftigkeit des weiblichen Geschlechts anprangern möchte... Die Organisatoren wünschen sich einen bundesweiten Teilnehmerkreis zwischen vierzig und sechszig Personen, um später auch greifbare Ergebisse vorweisen zu können, denn natürlich soll es auch eine Dokumentation geben. Zum Abschluß noch ein Aphorismus:"Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf." (Lec)
anja

Alfred Polgar